Bürger Büchner? Oder: Der Citoyen mit „kommoder Religion“

Ein Essay von Rüdiger Görner

Online seit: 20. Mai 2020

„Man muß Empörer werden“, sagt ein gymnasialer Bildungsbürgersohn zum anderen in Leonard Franks 1924 erschienenem Roman Der Bürger1. Karl Lenz heißt er und Jürgen Kolbenreiher der andere, der aus schlechtem Sozialgewissen gerne bürgerlicher Antibürger werden möchte, darüber jedoch seinen Verstand verliert. Leonard Franks ‚Lenz‘, Karl Lenz, geht nicht ins Gebirg’, doch findet sich folgender, betont unvermittelter Satz in seinem bürgerkritischen Roman: „Morgen kommt Lili mit ihrem Kinde aus dem Gebirg herunter.“2 Von Kolbenreiher weiß der Erzähler später zu berichten: „Er bohrte tiefer, drehte die Messerspitze in der Wunde herum, fühlte nichts […] Er stierte in den Spiegel. Im Spiegel war nichts.“3 Das Ich dieses Protagonisten erweist sich für diesen selbst zunehmend als Bedrohung. War demnach Leonard Franks wahngefährdeter Bürger ein Verwandter von Büchners Opfer kleinbürgerlicher Häme, Franz Woyzeck, diesem zerrissenen, zerriebenen Individuum, der kein Bürger werden durfte?

Die bürgerliche Sprichwortweisheit, Müßiggang sei aller Laster Anfang, wird Büchner umdeuten: Die Verweigerung des Müßiggangs schalt er unmenschlich.

Als das Bildungsbürgertum in der überlangen Phase seiner existenziellen Krise, dem Ersten Weltkrieg, seinen Vor- und Nachspielen, Georg Büchner für sich entdeckte und auf die Bühne brachte, inszenierte es seine Selbstnegation. Es ereignete sich eine Wiederentdeckung und intellektuelle Aneignung, die aufgrund zweier editorischer Vorarbeiten erfolgte: die Ausgabe der Nachgelassenen Schriften durch den Bruder, Ludwig Büchner, im Jahre 1850 sowie die knapp zwanzig Jahre später herausgegebene erste kritische Gesamtausgabe der Sämtlichen Werke und des handschriftlichen Nachlasses durch Karl Emil Franzos (1879). Doch waren es die vier in rascher Folge zwischen 1909 und 1922 erschienenen Büchner-Ausgaben von Paul Landau (1909), Rudolf Franz (1912), Wilhelm Hausenstein (1916) und Fritz Bergemann (1922), die für eine breitere und vertiefende Wahrnehmung dieses schmalen, aber hoch explosiven Werkes führten. Das bedeutet: Von der zweiten bürgerlichen Restauration nach 1848, im Bismarckreich, vor, mitten und unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg hielt sich das deutsche Bildungsbürgertum durch Büchner-Ausgaben einen Zerrspiegel vor. Und was es darin sah, glich einem Bild des Grauens und Staunens, des Entsetzens und der Verwunderung. So schreibt Rainer Maria Rilke, selbst ein zum Nicht-Bürger gewordener Dichter, am 9. Juli 1915 aus München an die Fürstin Marie von Thurn und Taxis:

Die Gespenstersonate Strindbergs, „das bestimmendste Ereignis auf dem Theater neben dem ‚Woyzeck‘ Georg Büchner’s mit dem die Hoftheater, noch gerade vor den Ferien großmütig hervorgekommen sind. Eine ungeheure Sache, vor mehr als achtzig Jahren geschrieben (G. Büchner war der jung verstorbene Bruder des bekannten Ludwig B.), nichts als das Schicksal eines gemeinen Soldaten (um 1848 etwa), der seine ungetreue Geliebte ersticht, aber gewaltig darstellend, wie um die mindeste Existenz, für die selbst die Uniform eines gewöhnlichen Infanteristen zu weit und zu betont scheint, wie selbst um den Rekruten Wozzek, alle Größe des Daseins steht, wie ers nicht hindern kann, daß bald da, bald dort, vor, hinter, zu Seiten seiner dumpfen Seele, die Horizonte ins Gewaltige, ins Ungeheure, ins Unendliche aufreißen, ein Schauspiel ohnegleichen, wie dieser mißbrauchte Mensch in seiner Stalljacke im Weltraum steht, malgré lui im unendlichen Bezug der Sterne. Das ist Theater, so könnte Theater sein.“

Rilke hatte genau gesehen: Büchner war es gelungen für eine Bühne seiner Zeit und für eine solche von morgen zu schreiben, innerhalb der Möglichkeiten des Theaters von 1835, auch Karl Gutzkow, sein Förderer und Freund, hatte daran keinen Zweifel gelassen, und für jene der Zukunft.

Diese denkwürdige Aufführung des Woyzeck mit Albert Steinrück in der Hauptrolle im Münchener Residenztheater, diesem Hort bürgerlicher Kultur, erinnerte noch zehn Jahre später Arnold Zweig in seinem staunenswerten Versuch über Büchner, der von einer Erschütterung spricht, die diese Aufführung in ihm hinterlassen habe.4 Seinen Versuch schloss er mit der Bemerkung, Leben, Gelingen und Selbstrechtfertigung des Menschen beruhe auf „Erneuerung und Weitergabe, auf neublickendem Beginnen und ganz durchfühlter Erhaltung, auf Revolution und Tradition“,5 auf Werten also, die das bürgerliche Bewusstsein gleichzeitig durchdringen, umspielen und unterspülen.

Den bürgerlichen Wert schlechthin, die Bildung, nannte Büchner in einem Brief an seine Familie geradezu partisanenhaft „nur eine sehr zufällige Form unseres geistigen Wesens“.

Es finden sich eben deutliche Spuren eines dynamischen und subversiven Verständnisses von Bürgerlichkeit im Werk und den Selbstzeugnissen dieses Schlüsselautors der literarischen Moderne. Büchner entwirft einen Bürger in der Revolte und einen Bürger im Leerlauf, eine Gestalt zwischen Citoyen und Bourgeois, zwischen Engagement und Lethargie. Stattdessen wollte er offenbar eine bürgerliche Kultur, die für einen „Lenz“ Verständnis aufbrächte, die Problematik der Französischen Revolution reflektierte und wie er, Büchner, im Stadtbürgertum Zürichs ein neues kulturpolitisches Ideal sähe. Als Dichter im kleinbürgerlichen Zeitalter griff Büchner zu den großen Stoffen der Geschichte (und das auch als Übersetzer!) sowie zu den Sozialfällen der Zeit. Und als Wissenschaftler, der allem Anschein nach eine bürgerliche Karriere anstrebte, wollte er den Nerv der Zeit und der Natur treffen. Büchner, wir nehmen ihn heute wahr als einen Grenzgänger zwischen Louis Antoine de Saint-Just und dem juste milieu.

Was nur irritiert am Wort ‚Bürger‘, was irritierte Büchner daran? Die Aussicht irgendwann einmal selbst zu verbürgerlichen in den Augen der anderen, was meist mit geistiger Verflachung, Indifferenz, Kälte und Selbstzufriedenheit gleichgesetzt wird? Liegt es am Wort? ‚Bürger‘ – das klingt nach Behaglichkeit und Pantoffel. Wofür aber bürgt der Bürger? Wofür steht er ein in seiner Zeit: für Zivilcourage oder Muckertum? Das sind Fragen, die sich auch aufgedrängt hatten.

Als Bürger glaubt man sich arriviert, kultiviert und zur Überlieferung von Traditionen und (den eigenen) Werten prädestiniert. Man gehörte kraft seines kulturellen Selbstverständnisses zu einer Gemeinschaft, deren Fortwirken man als Voraussetzung humaner Zivilisation postulierte, und hatte verstanden, dieses Gefühl in ein Ethos zu verwandeln. Gerade der Kulturbürger, der bis vor dem Ersten Weltkrieg Schiller sein liebstes Kind nannte, vergaß auffallend leicht, dass gerade er als Bürgerschreck begonnen hatte: Die Räuber sind das bis heute unübertroffene Anti-Bürger-Bubenstück schlechthin. Aber Schiller bezeichnete exakt das Dilemma: Er bot einen „ästhetischen Staat“ an, aber ohne Verfassung, ohne verbriefte Menschenrechte, mit einem Theater als Bildungsanstalt, aber kein Parlament. Das ist auch noch die Grundlage für den einen brennenden Wunsch des jungen Büchner gewesen, auf dem Theater zu reüssieren, nirgends sonst. Eine Verfassung gebende Versammlung forderte er auch im Hessischen Landboten nicht.

Als dem Großbürgersohn Golo Mann ausgerechnet 1968 der Büchner-Preis verliehen wurde, fragte sich dieser in seiner Dankesrede, was ihn denn mit dem Namensgeber dieses Preises verbinde. Seine Antwort lautete: Illusionslosigkeit über die Möglichkeit der Literatur, soziale Wirklichkeiten zu verändern, Enttäuschung über das Bürgertum, die Unmöglichkeit, revolutionäre Gesinnung durchzuhalten, aber auch die schiere Lust an der (politischen) Polemik und das Interesse am Geschichtlichen als einem „Drama vom Wirklichen, vom Unvermeidlichen, und unvermeidlichen Düsteren, Blutigen, Gemeinen, Verrückten“, namentlich in Dantons Tod. Golo Mann weiter:

Für Georg Büchner […] stellten die Alternativen, revolutionär und konservativ, sich nicht mehr. Ebenso sinnlos war ihm die Frage, ob die Revolution gut war oder ungut, ob sie sich hätte vermeiden lassen, ob sie dann und dann hätte anders gelenkt, gemäßigt, beendet werden können oder sollen.6

Und Georg Büchner selbst, er, der das Bürgerkönigtum eines Louis Philippe von Anbeginn als reine Farce durchschaut hatte, wie sah er seine eigene Rolle? „[…] ich zeichne meine Charaktere, wie ich sie der Natur und der Geschichte angemessen halte, und lache über die Leute, welche mich für die Moralität oder Immoralität derselben verantwortlich machen wollen. Ich habe darüber meine eigenen Gedanken“, schreibt Büchner aus Straßburg am Neujahrstag 1836 an die Familie in Darmstadt (II, 423).7 Der bereits genannte Karl Gutzkow hatte ihm jedoch ein halbes Jahr zuvor bescheinigt: „Sie haben selber viel Ähnlichkeit mit Ihrem Danton: genial und träge“ (II, 401) – keine bürgerlichen Tugenden im eigentlichen Sinne. Denn der Bürger mag zwar das Genie als Ausnahmeerscheinung bewundern, also als das, was er selbst nicht sein darf, aber Trägheit verwirft er. Die bürgerliche Sprichwortweisheit, Müßiggang sei aller Laster Anfang, wird Büchner umdeuten: Die Verweigerung des Müßiggangs schalt er unmenschlich.

Dabei sah Büchner für sich selbst durchaus hoffnungsvolle Perspektiven im bürgerlichen Sinne, nachdem er seinem heimatlichen Hessen-Darmstadt entkommen war; seiner Familie berichtet er zweckoptimistisch: „Ich sehe meiner Zukunft sehr ruhig entgegen. Jedenfalls könnte ich von meinen schriftstellerischen Arbeiten leben […]“ (II, 402). Dabei verwahrt er sich gegen den Eindruck, er gehöre dem Jungen Deutschland, also der literarischen Partei eines Gutzkow und Heine an. Was er dieser Gruppierung vorwirft, fasst er in einen prägnanten Satz: „Nur ein völliges Mißkennen unserer gesellschaftlichen Verhältnisse konnte die Leute glauben machen, daß durch die Tagesliteratur eine völlige Umgestaltung unserer religiösen und gesellschaftlichen Ideen möglich sei.“ (II, 423) In der Wissenschaft schien sich ihm eine steile Karriere zu eröffnen. Die Straßburger Société d’Histoire Naturelle ernannte ihn im Frühjahr 1836 zum korrespondierenden Mitglied und in Zürich steht seiner Dozentur an der Universität nichts mehr im Wege. Naturwissenschaften und Philosophie verschränkten sich in ihm zunehmend; Büchner dachte avant la lettre interdisziplinär. In Zürich drängte sich ihm die Begründung einer bürgerlichen Existenz als geradezu unvermeidlich auf, wobei er seine selbstironische Haltung bewahrte. In Zürich werde er, schreibt Büchner seinem jüngeren Bruder Wilhelm, „als überflüssiges Mitglied der Gesellschaft seinen Mitmenschen Vorlesungen über etwas ebenfalls höchst Überflüssiges, nämlich über die philosophischen Systeme der Deutschen seit Cartesius und Spinoza“ halten (II, 448). Hinzukommen sollte noch seine Probevorlesung Über Schädelnerven, im Ergebnis also neuronale Philosophie. Auf den ersten Blick schien Büchner die Schweiz, genauer, Zürich und Umland, eine Idylle, ein bürgerliches Paradies mit „schönen Häusern“ und einem „durchgreifenden Wohlstand“:

„Dörfer und Städtchen haben ein Aussehen, wovon man bei uns keinen Begriff hat. Die Straßen laufen hier nicht voll Soldaten, Accessisten und faulen Staatsdienern, man riskiert nicht von einer adligen Kutsche überfahren zu werden; dafür überall ein gesundes, kräftiges Volk, und um wenig Geld eine einfache, gute, rein republikanische Regierung, die sich durch eine Vermögenssteuer erhält, eine Art Steuer, die man bei uns überall als den Gipfel der Anarchie ausschreien würde …“ (II, 457)

Zuletzt wird er zwar beklagen, dass man „keine Stimme“ hören könne, da dieses Volk nicht singe (II, 465); er selbst sah sich bereits eingespannt in die routinemäßigen Abläufe einer beginnenden bürgerlichen Existenz („das Mühlrad dreht sich als fort ohne Rast und Ruh…“, II, 464). Krankheitsbedingt, schreibt er, gönne er sich ein wenig Ruhe und lese nicht; „morgen geht’s wieder im alten Trab, du glaubst nicht, wie regelmäßig und ordentlich. Ich gehe fast so richtig wie eine Schwarzwälder Uhr. Doch ist’s gut: auf all das aufgeregte, geistige Leben Ruhe, und dabei die Freude am Schaffen meiner poetischen Produkte“ (II, 465). Hatte Büchner ein früh erfülltes Leben, das seinem vorzeitigen Ende zueilte, oder ein nur ansatzweise realisiertes Potenzial?

„Der Unsinn der Tatsachen besteht dennoch, und er besteht als das Entscheidende im Leben des Menschen – insgeheim sogar des Bürgers.“

Das literarische Bild nun, das Büchner vom revolutionär sich gebärdenden Bürger entwirft, kann Grauen hervorrufen. In Dantons Tod suhlt sich dessen Dritter Stand in Gewaltfantasien. „Totgeschlagen, wer lesen und schreiben kann!“ ruft der Erste Bürger aus (I, 19) und erschüttert damit die elementare Grundlage bürgerlicher Kultur, nämlich Bildung. Der Dritte Bürger überbietet diesen Aufruf noch durch die Konkretheit seiner blutrünstigen Schilderungen. Den Toten will er „die Haut von den Schenkeln ziehen und uns Hosen daraus machen.“ (I, 19)

Was die „Schenkel“ angeht, bietet Dantons Freund, Lacroix, eine Pointe, die Eros und Thanatos einmal mehr aufeinander bezieht: „Gute Nacht Danton, die Schenkel der Demoiselle guillotinieren dich, der Mons Veneris wird dein tarpejischer Fels.“ (I, 32) Der Venushügel als Felsplatte am römischen Kapitol, von dem man die Staatsfeinde in den Tod stürzt, anzüglicher lässt sich das drohende Verderben nicht symbolisieren.

Diese unbürgerlichen Bürger in Paris und der Vendée haben im Auftrag der Revolution gehandelt und die Aristokraten ebenso wie die Girondisten über den tarpejischen Felsen hinabgestürzt. Die Revolution hat sie brutalisiert. In ihrer Sprache jedoch wie überhaupt in der ganzen Rhetorik der Französischen Revolution fallen die Verweise auf die Antike auf, was Büchner imitierte. In angetrunkenem Zustand tituliert Büchners Simon seine Mitbürger denn auch als „Römer“ und fordert sie auf, ihm ein Messer zu geben, will er doch sein vermeintlich hurendes „Weib“, er nennt sie natürlich „Lucrecia“, züchtigen, ja, morden. Woyzecks Eifersuchtsmord an Marie gewinnt in dieser Szene des Geschichtsdramas Dantons Tod erste Konturen.

Büchner zeigt Bürger im Ausnahmezustand, weniger in der Revolte denn in der Anarchie. Sein Robespierre hat dabei leichtes Spiel, sie vollends auf die Seite der Jakobiner zu ziehen. Doch auch davon kann keine ordnende Wirkung ausgehen. Büchners Robespierre bestätigt den Bürgern, der Wille des Volkes sei Gesetz, worauf der Erste Bürger repliziert: „Wir sind das Volk und wir wollen, daß kein Gesetz sei, ergo ist dieser Wille das Gesetz, ergo im Namen des Gesetzes gibt’s kein Gesetz mehr, ergo totgeschlagen!“ (I, 20)

Das Spiel mit scheinlogischen Schlüssen, die Recht und Moral spotten, gehört zu diesem Drama wie der Leerlauf des Denkens zu Leonce und Lena. Auch der aus England verbannte Zaungast der Revolution, Thomas Payne, brilliert zu Anfang des dritten Aktes mit dergleichen Logik, dazu von Chaumette ausdrücklich aufgefordert: „[…] ich habe heute Kopfweh, helfen Sie mir ein wenig mit Ihren Schlüssen, es ist mir ganz unheimlich zu Mut“ (I, 56). Und Payne beweist im Namen des Anaxagoras, wie gewünscht, dass es keinen Gott geben könne und kuriert damit Chaumettes Kopfweh. Religion muss eben „kommod“ sein.

Robespierre, der Unbestechliche und mörderische Moralist der Revolution, der das „Laster“ als das „Kainszeichen des Aristokratismus“ brandmarkt, behauptet: „Der gefährlichste Bürger ist derjenige, welcher leichter ein Dutzend rote Mützen verbraucht, als eine gute Handlung vollbringt“ (I, 24), will sagen: wer nicht im Sinne der jakobinischen Revolution zu handeln, zu guillotinieren versteht, verrate die Revolution. Im Stück ist es Danton, der Robespierres „Moralphysiognomie“ entlarvt. Er nennt den ewig anständigen Kopf der Jakobiner „empörend rechtschaffen“. Und dessen Maxime, dass die Tugend „durch den Schrecken herrschen“ müsse, durchschaut Danton als Armutszeugnis eines impotenten Machtmenschen, der nicht wisse, was Lebensgenuss sei. Bezeichnend freilich, dass beide, Büchners Robespierre wie Danton, sich im Grunde einsam fühlen, allein sind, auf sich gestellt allenfalls in Gesellschaft des Nichts (Danton) oder einer absurd gewordenen Tugend. Büchners Robespierre spürt, wie seine Gedanken „einander beaufsichtigen“, sich gegenseitig ausspähen. Doch treibt ihn gerade diese übersteigerte Selbstkontrolle zum Befehlen von Gewaltexzessen. Nein, diese Citoyens waren Büchner genauso wenig Vorbild für eine neue bürgerliche Kultur wie der Darmstädter Biederbürger.

Hatte Büchner ein früh erfülltes Leben, das seinem vorzeitigen Ende zueilte, oder ein nur ansatzweise realisiertes Potenzial?

Der Bürgersohn Georg Büchner litt, wie man zu wissen glaubt, an den Provinzverhältnissen in Hessen; die Mutter: eine empfindsame Calvinistin, mit deren Geld er nach Straßburg ausweichen konnte; der Vater, ein großherzoglicher Distriktarzt in Goddelau bei Darmstadt und zeitlebens schwärmerischer Napoleon-Verehrer, hatte er doch als Feldscher in der Grande Armée halb Europa im Kriegszustand erlebt; ansonsten aber fiel er durch eine an Fantasielosigkeit grenzende Nüchternheit auf; Georg zudem als Lieblingsenkel der Großmutter Reuss, die liebend gerne eine Rokoko-Aristokratin spielte. Die bizarren Verhältnisse im Großherzogtum, aber auch die Welt der politischen Emigranten in Straßburg und der verspäteten Jakobiner, die krassen sozialen Missverhältnisse um 1830, ein Bürgersinn, der sich auf „Ruhe“ und Nachtwächter-Idylle beschränkt, diese Welt des potenziell explosiven Aberwitzes hatte Büchner in sich aufgenommen. Schwerlich verwundert, dass etwas von ihm in allen seinen Charakteren lebt. Genauer: er lässt diese Aspekte seiner Persönlichkeit in diesen Gestalten aufleben und sich aufführen. Ganz so wie sein Danton die Schönheit der Venus in den Cocotten des Palais Royal mosaikartig zusammensetzt, entsteht Büchner als Mosaik seiner Figuren immer wieder neu. Er sah sich dabei als antibürgerlicher Zukunftsbürger, der an den Grundfesten bürgerlichen Bewusstseins rührte, um danach zu fragen, ob sie für das Weltbürgerliche taugten. Was er seinen Mitbürgern vorwirft: Versagen vor der sozialen und politischen Wirklichkeit.

Das bürgerliche Sprachrepertoire hatte Büchner früh verinnerlicht, wie sein Gedicht „Die Nacht“ von 1828 belegt. Seine Grundworte lauten: „Ruhe“, das „Ruhige“, das „Schweigen“ und die „Stille“ (II, 15 ff.). Doch der Kontrast fehlt nicht: Bei aller Beschaulichkeit weiß der junge Dichter, der nicht als ein Ich in diesem Gedicht auftritt – wie überhaupt Büchner äußerst sparsam mit diesem Pronomen umgeht –, dass die Zeit „alles“ verändere, zernage und zersetze.

Als der junge Wilhelm Hausenstein wie eingangs erwähnt mitten im Ersten Weltkrieg eine Auswahlausgabe der Werke Büchners vorlegte und mit einer furiosen Einleitung versah, die auch ungezählte Biografien später nichts an ihrer Aussagekraft und Bedeutung eingebüßt hat – nicht umsonst hatte sich Rilke von diesem Text besonders beeindruckt gezeigt –,8 überraschte er unter anderem mit folgender Bemerkung, die wohl auch von den grausigen Zeitereignissen geprägt war: „Der Unsinn der Tatsachen besteht dennoch, und er besteht als das Entscheidende im Leben des Menschen – insgeheim sogar des Bürgers.“10 Dichter, so Hausenstein, liebten den Unsinn; Büchner habe da keine Ausnahme gemacht und gerade durch seine Liebe zum Unsinn ideologische Weltentwürfe oder Teleologien aller Art aus den Angeln gehoben.

Hausenstein sah in Büchner einen Anatom des Bürgerlichen, der in Straßburg kurzzeitig das Weltbürgerliche erlebte und ein von Konventionen befreites und dennoch kompliziertes Liebesglück. Er deutete ihn als personifizierten Kontrast, in dem die Gegensätze fröhliche Urständ feierten: „Nüchternheit und Pathos, Pathos und Zote, bitterer Realismus und märchenhafte Phantasie, sublimierte erotische und soziale Dixhuitième-Dialoge und der elementare Ton des Wozzeck […], jede Maßlosigkeit und jede Bändigung“ bescheinigte er Büchner, „die radikalste praktische Politik und die größte politische Unbefangenheit“, ummantelt und durchdrungen von präziser Sprachkunst, die nicht ausschmückt, sondern wie mit dem Skalpell die Patina der bürgerlichen Konvention, die sich um 1830 längst gebildet hatte, durchschneidet.

Büchner verstand sich auf einen die feinen Empfindungen bewusst verletzenden Realismus im Ausdruck und eine träumerische Poesie, die solchen Realismus sogleich wieder Lügen strafte. Hausenstein nennt Leonce und Lena, durchaus begründet, eine „mozartische Pastorale“; dieses Spiel der Lüste und Sehnsüchte mit ihren Protagonisten wäre damit zeitnäher auch mit Mörike verwandt.

In Leonce und Lena inszenierte Büchner die burleske Heiligung der Sinne, eine Metaphysik, die nicht überfordert, sondern die Geschmacksnerven anregt, eine Parodie des Bildungsdranges nach Süden. Das eingefordert „kommode“ an der Religion unterminiert zudem genau das, was die bürgerliche Kultur als ihre Grundlage verstand: die christliche Tradition. „Kommod“ ist freilich auch die Langeweile, die nun einmal als longue durée verstanden und damit als Mittel der Entschleunigung gelten darf und die bürgerliche Zeitregulierung konterkariert.

Was Büchner betrieb, war nicht nur Anatomie in Kunst und Wissenschaft, sondern auch eine sprachkünstlerische Phänomenologie der sozialen Tatsachen und menschlicher Verhaltensweisen – das freilich wie im Zeitraffer: für Dantons Tod benötigte er ganze fünf Wochen. Leonce und Lena als Satyrspiel zu seiner Geschichtstragödie, die großen Fragmente Lenz und Woyzeck entstanden in rascher Folge, parallel zur Arbeit am Nervensystem der Fische und zu den meisterlichen Übersetzungen der Dramen Mary Tudor und Lucretia Borgia von Victor Hugo. Den dissonanten Auftakt zu allem hatte er mit dem Hessischen Landboten angestimmt. Diese Arbeitsintensität allein, bedenkt man dazu noch die Studien zur cartesianischen und spinozistischen Philosophie, übertrifft deutlich, was bloßer Bürgerfleiß im Allgemeinen zuwege bringen kann.

Ein Wesensmerkmal der Texte Büchners besteht darin, dass sie nicht nur das Versagen, sondern auch die geheimen Gelüste und Ängste des Bürgers der Restaurationsepoche freilegen. Um noch einmal Hausenstein zu zitieren, der wiederum im Vater Büchners eine Hauptursache für diesen analytischen Zugang des Dichters zu seiner Zeit ausmachte: „Im Vater verband sich der revolutionäre bürgerliche Imperialismus der napoleonischen Ära allmählich mit den Traditionen der stinkenden Restaurationsepoche.“11 Und genau diese Verbindung wollte der Sohn sprengen und beide Bewusstseinshälften nach Art der anatomischen Untersuchung von Nervensträngen analysieren. Mit Danton legt er die Angst des Bürgers vor Revolution, aber auch dessen Liebäugeln mit Gewalt und entfesselter Lust offen; mit Leonce und Lena bringt er die von der bürgerlichen Leistungsethik verdrängten Sehnsüchte nach Müßiggang zur Sprache, mit Lenz die radikale Ausgrenzung des Andern, des an sich selbst und seiner Zeit irre Werdenden, aus dem Rahmen vermeintlicher Normalität Gefallenen, und mit Woyzeck das Versagen des Bürgerlichen vor dem Elementaren, die Sucht des Kleinbürgers nach Ausgrenzung des Befremdlichen und nach dem Zuweisen von Opferrollen.

Ganz so wie sein Danton die Schönheit der Venus in den Cocotten des Palais Royal mosaikartig zusammensetzt, entsteht Büchner als Mosaik seiner Figuren immer wieder neu.

Bei einem Frühverstorbenen und zudem künstlerisch Frühvollendeten, der zwischen ungeheurer Selbstbeschleunigung und angesichts seines Pensums kaum vorstellbarer, aber von ihm beständig beklagter Langeweile pendelte, zählt jedes Dokument doppelt, sogar überlieferte Schulaufsätze und eine Abiturientenrede. Gegenstand der letzten war der Modellfall eines Bürgers in der späten römischen Republik, Cato der Jüngere (95–46 v. Chr.), der in Utica den Freitod wählte als Ausdruck des Widerstandes gegen die sich abzeichnende Tyrannei und Selbstvergötterung Julius Caesars. Die versammelte biedermeierliche Lehrer- und Elternschaft dürfte den Atem angehalten haben bei dieser Rede des Eleven Büchner. In Utica, so der Abiturient in seiner Rede, habe Cato „letzte Anstrengungen“ unternommen, „die Bürger für die Sache der Freiheit zu gewinnen.“ Cato, den Geist des civis Romanus beschwörend, habe jedoch feststellen müssen, dass nur noch „Sklavenseelen“ in diesen Bürgern wohnten. Büchner weiter: „[…] als Cato sah, […] daß er nirgends mehr ein Asyl fand für die Göttin seines Lebens [die Freiheit, R. G.], da hielt er es für das Einzigwürdige, durch einen besonnenen Tod seine freie Seele zu retten.“ (II, 33)

Dieser Blick in die Geschichte erlaubte den Vergleich mit der Situation in der de facto Tyrannis im spätfeudalistischen Großherzogtum. Eigenartig genug: Genau zu jener Zeit hatte in Paris Jean-Baptiste Roman seine Arbeit an einer Cato-Statue begonnen, die seit ihrer Vollendung durch François Rude im Louvre steht. Sie zeigt den römischen Senator kurz vor seinem Freitod, den Dolch in der Rechten, den Phaidon Platons gleichsam als Anleitung in der Linken haltend, handelt dieser Dialog unter anderem doch von der Selbsttötung des Sokrates. In der Verzweiflungstat der Selbstauslöschung sahen offenbar der Schüler Büchner und der Meister Roman 1828 die ultimative bürgerliche Tugend.

Dieses Bis-zum-Äußersten-Gehen um der Freiheit willen hatte der Schüler Büchner auch in seinem Aufsatz „Helden-Tod der vierhundert Pforzheimer“ thematisiert, eine Episode, die das Sich-Aufbäumen „einfacher ruhiger Bürger“ gegen das Unvermeidliche, die Besetzung ihrer Stadt durch die Truppen Tillys im Zuge der Gegenreformation. Bedeutsam ist, dass der junge Büchner beide Texte mit einer nahezu identischen Einleitung versehen hatte, die einem geschichtsphilosophischen Anwurf gleichkommt. Dabei fordert er den mündigen, selbstbewussten Bürger, der dadurch zum erhabenen Menschen werde, wenn er „es wagt mit kühner Hand in die Speichen des Zeitrades zu greifen“ oder in den „Gang der Weltgeschichte“ (II, 18 u. 30) und bereit zum Widerstand sei.

Das zweite Hauptmotiv, das hier anklingt und sich durch Büchners Werke zieht, lautet: Bereitschaft zum Tode, Leben mit dem Tod, Überwindung bürgerlicher Zwänge aufgrund eines solchen thanatologischen Bewusstseins. Dabei handelt es sich weniger um eine ‚Krankheit zum Tode‘ avant la lettre, sondern um die Bejahung des Widerspiels von Alles und Nichts, das seinerseits – sowohl in Dantons Tod wie auch in Leonce und Lena Lustgewinn bewirkt.

Mit seiner Novelle Lenz entwarf Büchner wie nebenbei eine Anti-Bildungsnovelle. Diese Genrebezeichnung hatte Karl Morgenstern 1819/20 eingeführt und zwar für Erzählungen, die durch die „Darstellung eines Bildungsprozesses die Bildung des Lesers fördern“ (Wilhelm Voßkamp). Büchners Lenz ist davon das Gegenteil. Seine Erzählfigur, der Dichter Lenz, befindet sich auf dem Weg in den Wahnsinn und damit ins Abseits der bürgerlichen Gesellschaft, bei der er phasenweise zu Gast ist, etwa im Hause des Pfarrers Oberlin.

Der Bildungsroman erzählt von Entwicklungswegen, die quer durch die Kultur zur Selbstvervollkommnung führen sollen. Büchners Lenz dagegen „ging gleichgültig weiter, es lag ihm nichts am Weg, bald auf- bald abwärts.“ (I, 225) Das bürgerliche Leben stößt weder ab, noch zieht es ihn an; er beobachtet es nur von außen und innen. Und er erinnert es wehmütig, wenn er an die kleine Welt der Friederike Biron in Sesenheim denkt, der erst von Goethe, dann von ihm, Lenz, verlassenen Pfarrerstocher.

Als ihn Oberlin zuletzt in die bürgerliche Atmosphäre von Straßburg bringt, wirkt Lenz lethargisch, leer, gefügig und bereit, „alles wie es die Andern taten“ zu tun, er, der zwischen Toben und Ängsten, Ruhe und Ruhelosigkeit, Hast und Langeweile hin- und her geworfen war, gepeinigt von der Natur und seinen Gefühlen; er kennt nun „keine Angst, kein Verlangen“ mehr. Im bürgerlichen Straßburg wird Lenz zur dahin lebenden Wahnikone des Unbürgerlichen.

Die Natur hatte er auf seinen Irrwegen in den Vogesen als Bedrohung empfunden; sie hatte ihm aber auch eine nicht enden wollende „Wollust“ beschert (I, 232), eine Art Empfindungsorgasmus, der jedoch jäh in Selbstmitleid umschlägt. Seine Wahrnehmung der Natur erfolgt „traumartig“ (I, 233), was den Alptraum einschließt.

Ein gewisser Kaufmann, der Oberlin mit seiner Braut in Waldbach aufsucht, in Wahrheit aber Lenz aufspürt, um ihm Briefe von dessen Vater zu übergeben, die ihn zur Heimkehr bewegen sollen, vertritt in einem Gespräch über Literatur jene bürgerlich-idealistische Ästhetik, gegen die Lenz aufbegehrt. Paradoxerweise plädiert der ansonsten im Wahnhaften befangene Lenz für eine realistisch-naturalistische Kunstauffassung, die sich am ‚wirklichen Leben‘ orientiert. Sie unterscheidet zwischen „Eindruck“ und bloßer Empfindung (I, 235). Doch verstrickt er sich dabei in Widersprüche, die Kaufmann jedoch nicht erkennt. Büchners Lenz behauptet nämlich, man könne „Gestalten aus sich heraustreten lassen, ohne etwas vom Äußern hinein zu kopieren, wo einem kein Leben, keine Muskel, kein Puls entgegen schwillt und pocht.“ (I, 235) Damit freilich bezeichnet er recht genau die idealistische Ästhetik, die er sonst zu verwerfen vorgibt. Das bedeutet, in letzter Konsequenz kann sich Büchners Lenz nicht von den bürgerlichen Vorgaben und Erwartungen – gerade in der Kunst – lösen, wie er ja auch sonst „Gesellschaft“ sucht, bürgerliche Atmosphäre, und zwar immer dann, wenn er sich in seiner Einsamkeit vor sich selbst zu fürchten beginnt.

Den historischen Jakob Michael Reinhold Lenz übrigens bestimmte Kritik an den bürgerlichen Verhältnissen in einem Maße, dass er 1777 die Ankunft der zweiten Tochter des Juristen Johann Georg Schlosser, der mit Goethes Schwester Cornelia verheiratet war, sie verstarb kurz nach deren Geburt, mit einem Gedicht feierte, dessen erste Strophe unmissverständlicher nicht hätte lauten können: „Willkommen, kleine Bürgerin, / Im bunten Tal der Lügen! / Du gehst dahin, du Lächlerin, / Dich ewig zu betrügen.“

Die bürgerliche Kultur – ein Selbstbetrug? So überzeugt der Stürmer und Dränger Lenz davon gewesen sein dürfte, Büchner verhielt sich dem Bürgerlichen gegenüber ambivalenter. Zumindest diente es ihm als Maske wie die „Kunstsprache“ der Philosophie (II, 376). Er trug diese Masken, aber illusionslos. Den bürgerlichen Wert schlechthin, die Bildung, nannte er in einem Brief an seine Familie geradezu partisanenhaft „nur eine sehr zufällige Form […] unseres geistigen Wesens“ (II, 378). Und die Verlobte bekommt in Sachen Gründung eines bürgerlichen Hausstands zu hören: „Ich mag nicht hinter jedem Kusse die Kochtöpfe rasseln hören, und bei den verschiedenen Tanten das Familienvatersgesicht ziehen.“ (II, 383)

Der Bürger als Rebell – sofern Büchner zeitweise von dieser Vorstellung getragen gewesen sein sollte, nach dem Hessischen Landboten wurde sie in keinen seiner Äußerungen explizit. Im April/Juni 1835 bekennt er Bruder Wilhelm gegenüber, dass er nicht mehr „im Entferntesten jetzt an die Möglichkeit einer politischen Umwälzung glauben“ könne. Die liberale Partei sei „zerstückelt“ und wer sich, er betont es, „im Augenblicke“ aufopfere, der trage seine „Haut wie ein Narr zu Markte“. (II, 402) Der Verfasser des Leonce und Lena-Lustspiels verstand sich erwiesenermaßen auf das Närrische. Dazu gehörte die Vorstellung Büchners, dabei zuzuschauen, wie die Langeweile ausstirbt; das nennt er in einem Brief an Gutzkow das „einzig Neue“, das man vielleicht noch erleben könne. Geistiges Leben könne sich allenfalls noch „im Volk“ bilden und überdies: „Unsere Zeit braucht Eisen und Brot – und dann ein Kreuz oder sonst so was.“ (II, 440) Bezeichnend für Büchner ist die Verbindung von harter These und lapidarer Bemerkung in einem Satz. Dort, wo der Gedankenstrich in seinem Satz steht, verläuft in Wahrheit ein Riss, den sein Lenz ebenso spürte wie er selbst, der Riss zwischen den beiden Hälften der Gesellschaft, zwischen dem Philosophen und Narren. Was sie verbindet? Der verlorene Posten, auf dem sie ausharren, um sich an ihren Aussichtslosigkeiten zu delektieren.

Anmerkungen

1 Leonard Frank: Der Bürger. Roman. Berlin 1924, S. 7.
2 Ebd., S. 69.
3 Ebd., S. 304 und 306.
4 In: Arnold Zweig: Lessing. Kleist. Büchner. Berlin 1925, S. 190.
5 Ebd., S. 195.
6 Golo Mann: „Georg Büchner und die Revolution“. In: ders.: Zeiten und Figuren. Schriften aus vier Jahrzehnten. Frankfurt am Main 1994, S. 242.
7 Georg Büchner: Sämtliche Werke, Briefe und Dokumente in zwei Bänden. Hrsg. v. Henri Poschmann. Frankfurt am Main (1992) 2006. Die nachfolgenden Büchner-Zitate im Text werden nach dieser Ausgabe mit (römischer) Band- und Seitenzahl angegeben.
8 Rainer Maria Rilke: Briefe in zwei Bänden, Bd. I, Frankfurt a. Main, S. 594. Brief an Katharina Kippenberg v. 1. Oktober 1915.
9 Wilhelm Hausenstein: Einleitung zu Georg Büchner, Gesammelte Werke, nebst einer Auswahl seiner Briefe. Leipzig 1915, S. VIII.
10 Ebd., S. XII.
11 Ebd., S. XV.

Rüdiger Görner, geboren 1957, ist Professor für Germanistik an der Queen Mary University of London. Zwischen 1999 und 2004 leitete er das „Institute for Germanic Studies“, in dessen Rahmen er auch das Ingeborg Bachmann Centre for Austrian Literature gründete. Publikationen (u. a.): Sprachrausch und Sprachverlust. Essays zur österreichischen Literatur von Hofmannsthal bis Mayröcker (Sonderzahl, 2011), Stefan Zweig. Formen einer Sprachkunst (Sonderzahl, 2012) und Goethes geistige Morphologie. Studien und Versuche (Universitätsverlag Winter, 2012).

Quelle: Recherche 1/2013

Online seit: 20. Mai 2020

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