Unter anderen in der Welt

Das deutsche Wissenschaftssystem im Übergang vom 20. ins 21. Jahrhundert. Von Wilhelm Krull

Online seit: 10. Oktober 2019

Als im Juli 1990 der Entwurf der „Zwölf Empfehlungen“ mit den „Perspektiven für Wissenschaft und Forschung auf dem Weg zur deutschen Einheit“ im Wissenschaftsrat beraten wurde, war ein Passus besonders umkämpft. Es erfüllt mich auch heute noch mit Freude und Stolz , dass diese Sätze – die inzwischen vielfach und wiederholt zitiert wurden – am Ende nicht gestrichen werden konnten, wie dies insbesondere Vertreter der Politik wünschten. Der Text lautet wie folgt: „Insgesamt gesehen kann es nicht einfach darum gehen, dass bundesdeutsche Wissenschaftssystem auf die DDR zu übertragen. Vielmehr bietet der Prozess der Vereinigung auch der Bundesrepublik Deutschland die Chance, selbstkritisch zu prüfen, inwieweit Teile ihres Bildungs- und Forschungssystems der Neuordnung bedürfen.“1

Zwar wurde die Chance zur selbstkritischen Überprüfung der westdeutschen Situation nicht sofort und umfassend genutzt (vgl. dazu auch die Aufforderung zur „Einpassung“ in Art. 38 des Einigungsvertrages); ich bin jedoch davon überzeugt, dass ohne die Wiedervereinigung und die mit ihr verbundenen Prozesse der Bestandsaufnahme, Bewertung und Neustrukturierung des ostdeutschen Hochschul- und Forschungssystems auch die westdeutschen Verhältnisse sich im weiteren Verlauf der 1990er-Jahre nicht in gleicher Weise reformorientiert weiterentwickelt hätten.

Dabei will ich freilich gerne einräumen, dass über den Legitimationsdruck hinaus, unter den das westdeutsche Wissenschaftssystem vor dem Hintergrund des radikalen Umbaus der ostdeutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen geraten ist, weitere Aspekte – nicht zuletzt die aus der internationalen Lehr- und Forschungskonkurrenz resultierenden Herausforderungen  – eine wichtige Rolle spielten. Die bereits 1992/93 begonnenen, forschungsfeldbezogenen Evaluationen des Wissenschaftsrates, z.B. der Umwelt- und der Materialwissenschaften, aber vor allem die Ende der 1990er-Jahre durchgeführten Systemevaluationen aller großen Wissenschaftsorganisationen wären wohl kaum in dieser Form durchgeführt worden, hätte es die Wiedervereinigung nicht gegeben. Zugleich boten insbesondere die Systemevaluationen Ende der 1990er-Jahre eine hervorragende Möglichkeit, der deutschen Wissenschaft gewissermaßen den Spiegel der Internationalität vorzuhalten und wichtige Reformschritte zu initiieren.

I. Ost-West-Asymmetrien und ihre Nachwirkungen

In den bereits zitierten „Zwölf Empfehlungen“ vom Juli 1990 hatte sich der Wissenschaftsrat  bereit erklärt, auf Bitten der damaligen DDR-Regierung sowie des Bundes und der Länder eine umfassende Bestandsaufnahme, Bewertung und Neustrukturierung des Hochschulwesens und der außeruniversitären Forschungseinrichtungen im östlichen Teil Deutschlands vorzunehmen. Dabei ging er davon aus, „dass keine voreiligen Entscheidungen getroffen werden, die die Erarbeitung einer Bestandsaufnahme und die Vorbereitung von Empfehlungen sowie deren spätere Umsetzung gefährden“.2

Der vom Wissenschaftsrat geforderte Übergangszeitraum (bis zum 31.12.1991) für eine Neustrukturierung von Wissenschaft und Forschung hat sich im Zuge der Verhandlungen über die Vereinigung der beiden deutschen Staaten nur für einen Teil des Wissenschaftssystems realisieren lassen. Mit Art. 38 des Einigungsvertrages wurden für nahezu alle außeruniversitären Forschungseinrichtungen die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen. Bereits Ende 1990 hat der Wissenschaftsrat sein Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass für die Hochschulen keine ähnliche Regelung erreicht werden konnte. Für diese sah der Einigungsvertrag lediglich eine dreimonatige Frist vor, in der die sich neu konstituierenden Länder über Fortbestand oder Schließung („Abwicklung“) einer ganzen Hochschule oder einzelner Sektionen entscheiden konnten. An diesen Verfahren hat sich der Wissenschaftsrat von vornherein nicht beteiligt.3 Er hat auch die Hochschulen nicht in vergleichbarer Form wie die außeruniversitären Forschungseinrichtungen evaluiert, sondern seine Aufgabe vor allem darin gesehen, vor dem Hintergrund der mit der Vereinigung gegebenen föderalen Rahmenbedingungen die Hochschulentwicklung überregional zu koordinieren und den Um- und Ausbau der Hochschulen mit fachspezifischen Empfehlungen zu begleiten.

Die öffentlich finanzierte Forschungsintensität ist in Ostdeutschland deutlich höher als in Westdeutschland.

Die Unterschiede in der Zuständigkeit und den Regelungen des Einigungsvertrages sowie die daraus resultierende Ungleichzeitigkeit der Entwicklung in den verschiedenen Bereichen des Hochschul- und Forschungssystems haben zu einer Fülle von Problemen geführt. Sie können hier nur mit den Stichworten „Integrationsschwierigkeiten von Einzelwissenschaftlern und Arbeitsgruppen aus ehemaligen Akademieinstituten in die Hochschulen“, „extrem erschwerter Transfer von anwendungsorientiert und angewandt forschenden Wissenschaftlern in den privatwirtschaftlichen Bereich“ und „Behinderung gemeinsamer Berufungen und Forschungsvorhaben von außeruniversitären Instituten und Hochschulen“ sowie „Verhinderung von Mobilität zwischen den Forschungssektoren“ umschrieben werden.

Wie ein Vergleich der FuE-Aufwendungen der Wirtschaft und der öffentlichen Hand in Ost- und Westdeutschland zeigt, wirken die Asymmetrien bis heute nach. Während die FuE-Ausgaben in der ostdeutschen Wirtschaft (einschließlich Berlin) 1% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen, liegt der Anteil mit knapp 2% in Westdeutschland fast doppelt so hoch. Anders hingegen die öffentlichen Ausgaben für Forschung. Sie betragen in Ostdeutschland etwa 1,2% des BIP, während es in Westdeutschland lediglich 0,7% sind. Damit ist die öffentlich finanzierte Forschungsintensität, d.h. die Ausgaben für Projekte in Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Relation zur Wirtschaftskraft (gemessen als BIP), in Ostdeutschland deutlich höher als in Westdeutschland. Nicht zuletzt existiert heute in Ostdeutschland eine Vielzahl von außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die zum Teil aus Instituten der verschiedenen Akademien der Wissenschaften hervorgegangen, zum Teil – insbesondere im Falle der Max-Planck-Gesellschaft – ganz neu angesiedelt worden sind.4

Während also die öffentlich finanzierte, vor allem außeruniversitär organisierte Forschung in den ostdeutschen Ländern sogar überproportional stark vertreten ist, ergibt sich in den wichtigsten, forschungs- und technologiegetriebenen Zukunftsfeldern insgesamt ein starkes West-Ost-Gefälle. Darauf hat erst jüngst der „Prognos Zukunftsatlas Branchen 2009“ erneut aufmerksam gemacht: „Ostdeutschland liegt bei der Entwicklung starker Standorte in Deutschlands Zukunftsfeldern weiterhin zurück. Von allen 87 Kreisen und kreisfreien Städten Ostdeutschlands finden sich lediglich Dresden und Berlin unter den TOP 20 Regionen im Gesamtranking.“5

II. Vernetzung und Zusammenarbeit von außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Hochschulen

Schon Ende der 1980er-Jahre hat der Wissenschaftsrat in seinen „Empfehlungen zu den Perspektiven der Hochschulen in den 90er-Jahren“ ausgeführt, dass das Prinzip „Lehre aus Forschung“ nicht nur das Fundament einer jeden Universität, sondern auch eine entscheidende Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit des gesamten Wissenschaftssystems bildet.6 Insbesondere in der Tendenz zur Neugründung von Forschungseinrichtungen außerhalb der Hochschulen in anwendungsorientierten Fachgebieten sah der Wissenschaftsrat seinerzeit die Gefahr einer Aushöhlung der Forschungskompetenz in den Universitäten. In den bald darauf erschienenen „Empfehlungen zur Zusammenarbeit von Großforschungseinrichtungen und Hochschulen“ heißt es dazu: „Dadurch wird die für die deutsche Universität charakteristische Verbindung von Forschung und Lehre noch weiter aufgeweicht, weil auf Forschung spezialisierte Institute außerhalb der Hochschulen arbeiten und innerhalb der Hochschulen die Ressourcen fehlen, um den dort tätigen Wissenschaftlern konkurrenzfähige Forschungsbedingungen zu ermöglichen.“7

Die damit beschriebene bereits in den 1980er-Jahren spürbare Tendenz zur Auswanderung der Forschung aus den Universitäten der alten Länder war in der DDR spätestens seit der Hochschulreform 1968 prägend für das gesamte System. Insbesondere in den Hochschulen der DDR war das Verhältnis von Forschung und Lehre nicht ausgewogen. Über weite Strecken wurde aufgrund politischer Entscheidungen die Forschung in Institute außerhalb der Hochschulen verlagert. Heute lässt sich feststellen, dass dies der Leistungsfähigkeit des gesamten Forschungssystems insgesamt nicht gedient hat.

Will man angesichts der globalen Konkurrenz um die besten Studierenden sowie Forscherinnen und Forscher die Lage in Deutschland nachhaltig verbessern, so wird es höchste Zeit, dass Bund und Länder gemeinsam konkrete Schritte unternehmen, um die bisherige institutionelle und finanzielle Trennung von universitärer und außeruniversitärer Forschung zu überwinden. Dabei wäre auch zu überlegen, die derzeit bestehenden Hemmnisse einer Potenzialbündelung, die insbesondere in den jeweiligen, einseitige Blockaden ermöglichenden Zuständigkeiten von Bund und Ländern, kapazitätsrechtlichen Rahmenbedingungen und komplizierten Finanzierungsmodalitäten liegen, durch ein kompaktes Forschungsförderungsgesetz zu beseitigen.

Wer die europäische und internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Forschungssystems wirksam voranbringen will, der muss bereit sein, den in den letzten Jahren erfreulicherweise vielfach beschrittenen Weg einer engeren Zusammenarbeit bis hin zu strukturell integrierten, gemeinsam von der jeweiligen Universität und den außeruniversitären Forschungsorganisationen getragenen Arbeitsgruppen, Forschungsstellen, Graduate Schools oder auch ganzen Instituten konsequent weiterzugehen, wie dies im Rahmen der Exzellenzinitiative etwa in Karlsruhe und Göttingen versucht wird.  Ein umfassendes Miteinander von Universität und benachbarten außeruniversitären Forschungseinrichtungen wird aber nur zustande kommen, wenn für beide Seiten eine Win-Win-Situtation entsteht. Es ist an der Zeit, die mit einer Bündelung der jeweiligen Potenziale verbundenen Wettbewerbschancen zu erkennen und konstruktiv zu nutzen. Wir sollten noch öfter als bisher den Mut aufbringen, herkömmliche institutionelle Grenzen zu überschreiten. Der Zustrom an herausragend qualifiziertem wissenschaftlichem Nachwuchs aus dem In- und Ausland in solche international weit ausstrahlenden Einrichtungen der Spitzenforschung nützt uns allen.

III. Wo stehen die deutschen Universitäten in der globalen Konkurrenz?

Im Unterschied zum amerikanischen Hochschulsystem, in dem seit jeher große Leistungsunterschiede bestehen und bereits seit Jahrzehnten breitgefächerte Rankings und Ratings gang und gäbe sind, die dem Interessierten die Möglichkeit bieten, sich von Ausbildungs- und Forschungsaspekten bis hin zu Studiengebühren und Professorengehältern die verschiedenen Mosaiksteine selbst zu einem Bild zusammenzusetzen, sind im deutschen Kontext Leistungsvergleiche und daraus resultierende Ranglisten noch ein relativ junges Phänomen. Umso größer war das Erstaunen, als im Verlauf der 1990er-Jahre immer mehr Vergleichsstudien auf den Markt kamen, die erhebliche Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Hochschulen offenbarten. Zwar entbrannte allenthalben eine heftige Debatte um die verwendeten Methoden, Kriterien und Verfahren, die vielfach als nicht sachgerecht zurückgewiesen wurden. Es zeigte sich jedoch bald, dass auch eine Veränderung der verwendeten Parameter keineswegs eine völlige Umstülpung der Verhältnisse nach sich zöge, sondern allenfalls im Mittelfeld größere Verschiebungen verursachte. Diese änderten jedoch nichts daran, dass zunehmend deutlicher wurde, wie sehr auch das vordergründig auf homogene Strukturen und annähernd gleiche Ausbildungsverhältnisse zielende deutsche Hochschulsystem sich so ausdifferenziert hatte, dass starke Leistungsunterschiede das Bild prägten und zugleich die langgehegte Fiktion von der prinzipiellen Gleichheit aller Bildungsangebote und der sie tragenden Institutionen in Deutschland zerstörten.

Die lang gehegte Fiktion von der prinzipiellen Gleichheit aller Bildungsangebote und der sie tragenden Institutionen in Deutschland ist zerstört.

Heute sind es vor allem zwei internationale Leistungsvergleiche, die die Debatten prägen: das Shanghai-Ranking, genauer: das Shanghai-Jiao Tong University Academic Ranking of World Universities und das seit 2004 vom Times Higher Education Supplement (THES) jährlich erstellte Ranking von Hochschulen unterschiedlicher Prägung. In beiden Fällen dominieren forschungsbezogene, vor allem auf naturwissenschaftlicher Praxis beruhende Indikatoren. Im THES-Ranking werden jedoch noch zusätzlich Einschätzungen von ausgewählten Experten – im Sinne von Reputationsbefragungen –hinzugezogen. Die gerade in vielen deutschen Universitäten breit aufgefächerten Geisteswissenschaften spielen in beiden Rankings so gut wie keine Rolle.

Nach den Namen deutscher Universitäten sucht man auf den vorderen Listenplätzen beider Hochschulrankings vergeblich. Klassenprimus ist seit Jahren die Universität Harvard, und auch die übrigen Spitzenplätze machen die angelsächsischen – allen voran die US-amerikanischen – Hochschulen unter sich aus. Beim Shanghai-Ranking werden vier der fünf vordersten Plätze von US-amerikanischen Hochschulen belegt. Einzig der britischen Traditionsuniversität Cambridge (Platz 4) gelingt es, sich zwischen das amerikanische Spitzenquartett von Harvard, Stanford, Berkeley und das Massachusetts Institute of Technology zu schieben. Auch wenn die Zahlen beim THES niedriger ausfallen (13 US-Hochschulen unter den Top 20, 36 unter den Top 100 und 102 unter den Top 500): Die Führungsposition der USA in der Welt der Wissenschaft sieht auch das THES-Ranking als unangefochten an.

Folgt man den Ergebnissen dieser Rankings, so erweist sich Großbritannien auch auf dem Gebiet der Wissenschaft als kleiner und zugleich sehr erfolgreicher Bruder der USA: Nicht nur den Universitäten Oxford und Cambridge gelingt es, bei den weltweiten Hochschulrankings Spitzenplätze zu ergattern. Unter den Top 10 befinden sich 2 (Shanghai) oder gar 4 (THES) und unter den Top 100 11 (Shanghai) oder sogar 19 (THES) britische Universitäten. Erst in dieser letzten Gruppe tauchen auch die Namen deutscher Universitäten auf. Im Shanghai-Ranking belegen 6 (LMU München, TU München, Heidelberg, Göttingen, Freiburg und Bonn), im THES-Ranking nur 3 deutsche Hochschulen (Heidelberg, LMU München, TU München) einen Platz unter den 100 weltbesten universitären Lehr- und Forschungsstätten. Ostdeutsche Universitäten befinden sich nicht darunter.

Wie stark sich die unterschiedlichen Methoden und Kriterien der beiden Hochschulrankings auf die Platzierung mancher Hochschulen auswirken, zeigt sich insbesondere an der Einstufung der Universität Bonn: Während das Shanghai-Ranking sie unter den Top100-Hochschulen einstuft, belegt sie beim THES-Ranking lediglich den 276. Platz. Ähnlich große Sprünge um mehr als 150 Plätze finden sich auch bei der Bewertung der Universitäten Köln, Mainz und Kiel. Betrachtet man jedoch die Gesamtzahl der deutschen Hochschulen, die in die beiden Weltranglisten aufgenommen wurden, stimmen die Zahlen schon fast wieder überein: Das Shanghai-Ranking erfasst insgesamt 40, das THES-Ranking 43 deutsche Hochschulen unter den besten 500 der Welt. Diese Zahl weicht kaum von der Gesamtzahl der britischen Universitäten in den beiden Rankings ab: Das Shanghai-Ranking berücksichtigt 42, das THES 49 britische Hochschulen. Der entscheidende Unterschied zwischen Großbritannien und Deutschland liegt vor allem darin, dass sich der Name einer britischen Hochschule bereits unter den Top 5, der erste Name einer deutschen Universität hingegen erst unter den Top 60 befindet.

Die Tatsache, dass sich eine beachtliche Anzahl deutscher Universitäten (immerhin 40/43 von 88 Hochschulen mit Promotionsrecht) in diesen Bestenlisten befindet, nicht jedoch die vordersten Plätze belegt, spiegelt zugleich den hochschulpolitischen Weg wider, den die Bundesrepublik seit ihrer Gründung und auch Ostdeutschland nach 1990 eingeschlagen hat: Die regional breit gestreute Förderung vieler Hochschulen mit hohem Qualitätsanspruch und guten Studienangeboten, aber eben nicht die Förderung von Spitzenhochschulen im Weltmaßstab.

IV. Der Aufbruch zur Spitze – die Exzellenzinitiative und ihre Folgen

Wie bei den internationalen Vergleichen, so steht auch im deutschen Exzellenzwettbewerb die Forschung im Vordergrund. Dies ist aufs engste verknüpft mit der Tatsache, dass spätestens seit Mitte der 1990er-Jahre das bisherige ökonomische Paradigma immer mehr durch ein neues, wissensbasiertes abgelöst worden ist. Die künftigen Wachstumschancen sowie die soziale Sicherung der Gesellschaft beruhen in hohem Maße auf einer innovations- und wissensbasierten Ökonomie. Der soziale und wirtschaftliche Wohlstand einer Gesellschaft hängt heute bereits mehr denn je von der Leistungskraft der kreativsten Forscherinnen und Forscher ab. Ihre neuen Ideen und Erkenntnisse bilden die Grundlage für eine Informations- und Wertschöpfungskette, an deren Ende Neuerungen stehen, die einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil im globalen Markt versprechen oder bisweilen auch unser bisheriges Weltbild einer grundlegenden Revision unterziehen. Um nicht den Anschluss an die Weltspitze zu verlieren, brauchen Deutschland und Europa erstklassige Bedingungen für Forschung und Lehre sowie für Innovation.

Im Shanghai-Ranking belegen 6, im THES-Ranking nur 3 deutsche Hochschulen einen Platz unter den 100 weltbesten universitären Lehr- und Forschungsstätten.

Bei all den Leistungsvergleichen ist jedoch nicht zu übersehen, dass eines der Kernprobleme des deutschen Hochschulwesens die Unterfinanzierung bleibt. Vor allem die Universitäten sind finanziell eindeutig schlechter aufgestellt als ihre ausländischen Konkurrenten in den OECD-Staaten. Seit 1974 wurden die neu geschaffenen Kapazitäten nicht mehr hinreichend finanziell unterstützt. Es werden zum Beispiel 1,8 Milliarden Euro für die Hochschulen in Niedersachsen mit etwa 170.000 Studierenden bereitgestellt. Die Universität Stanford hat im Vergleich dazu bei 17.000 Studierenden einen Jahresetat von etwa 2,3 Milliarden Euro. Die relational finanziellen Ausstattungsunterschiede (also die Mittel pro Studierenden, pro Professor etc.) zwischen einer der bestausgestatteten technischen Universitäten, der Technischen Universität München, und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich belaufen sich auf den Faktor 3, zwischen der Technischen Universität München und dem Massachusetts Institute of Technology auf den Faktor 10. Zudem befanden sich die deutschen Universitäten seit Mitte der 1990er-Jahre in einer Einsparspirale: Sobald sie die zum Teil erheblichen Kürzungsauflagen erfüllt hatten, wurden erneut Mittelstreichungen vorgenommen. Dabei ist die Zahl der Studierenden seit 1975 stark angewachsen und wird vor allem im Hinblick auf den doppelten Abiturjahrgang weiter zunehmen. Trotz dieses Anstiegs führt bereits heute Deutschlands Rückstand in der Hochschulausbildung zu einem strukturellen Mangel an Hochqualifizierten. Denn während die Bundesrepublik in den vergangenen 10 Jahren die Zahl der Studierenden um 5% steigern konnte, legten die 29 anderen der wichtigsten Industrienationen im Schnitt um 41% zu. Deutschland fällt damit nach dem Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im weltweiten Vergleich vom 10. auf den 22. Rang zurück (OECD 2007). Nach dem soeben veröffentlichten OECD-Bildungsbericht 2008 ist Deutschland bei den Studienanfängern sogar auf Platz 25 zurückgefallen.

Angesichts solch großer Finanz- und Kapazitätsengpässe war von vornherein klar, dass die Exzellenz-Initiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen nicht geeignet sein würde, mit den bereitgestellten Summen die deutschen Universitäten in den Olymp der internationalen Spitzen-Einrichtungen zu katapultieren. Immerhin ist es jedoch gelungen, Leistungsspitzen in den Hochschulen sichtbar zu machen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems zu steigern und nicht zuletzt eine Fülle von Reformen zu initiieren. Die mit zusätzlichem Geld und dem zu erwartenden Prestigegewinn stimulierten Antragsprozesse haben in vielen Bereichen Reformschritte ermöglicht, die sonst kaum in so kurzer Zeit zustande gekommen wären. Das gilt insbesondere für die jahrelange Diskussion um die Einführung einer strukturierten Doktorandenausbildung in Form von Graduiertenschulen, aber auch für die engere Verknüpfung universitärer und außeruniversitärer Forschungskapazitäten in den neu gegründeten Clustern.

Das Ziel der Exzellenzinitiative, leistungsstarke Bereiche und Institutionen auch international sichtbar zu machen, ist in hohem Maße erreicht worden (auch wenn die Operationalisierung der Selektions- und Implementationsprozesse in vielerlei Hinsicht noch verbesserungsbedürftig erscheint). Spannend wird sein, inwieweit es den Universitäten und den übrigen beteiligten Institutionen gelingt, die zunehmend inter- und transdisziplinär angelegte Grundlagenforschung in neuen, die Kreativität befördernden Organisationsformen und Karrierewegen, die über Zentren, Cluster etc. eröffnet werden können, zu etablieren, wobei vor allem deren Bewährung in der universitären (Berufungs-)Praxis noch aussteht.

Der globale Wettbewerb um die besten Talente erfordert eine Bündelung der Kräfte am jeweiligen Ort beziehungsweise in der Region, auch über die bisherigen, vielfach überbetonten Grenzen hinweg. Diesen Prozess der Fokussierung und Vernetzung im Forschungsbereich hat die Exzellenzinitiative entscheidend vorangetrieben. Im Hinblick auf die Graduiertenschulen und Exzellenzcluster werden Forschung und Ausbildung – im Sinne der komplementären Prinzipien des Vorrangs von „Lehre aus Forschung“ und des „forschenden Lernens“ – wieder enger zusammengeführt. Vor allem gilt es, den Nachwuchs durch mehr und besser dotierte Stellen und Stipendien noch stärker zu fördern. Denn letztlich muss die Universität für den wissenschaftlichen Nachwuchs attraktiv bleiben – ansonsten werden sich anspruchsvolle Talente anderen Aufgaben zuwenden.

Sowohl die Zwischen- als auch die Endergebnisse der Exzellenzinitiative haben große Überraschungen und auch tiefe Enttäuschungen mit sich gebracht – nicht zuletzt an der Humboldt-Universität zu Berlin, aber auch an vielen anderen Standorten, insbesondere in den neuen Ländern. Vor allem die Institutionen, die sich schon früh als sichere Gewinner gesehen, aber am Ende den Sprung unter die Spitzenuniversitäten nicht geschafft haben, standen und stehen vor schwierigen Zerreißproben. Eine nüchterne Bestandsaufnahme, gefolgt von einer realistischen Bewertung der eigenen Stärken und Schwächen sowie der Entwicklung neuer Perspektiven für die gesamte Universität und ihr regionales Umfeld sind dabei unerlässliche Schritte auf dem Weg zu einem neuen Aufbruch.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat haben mittlerweile eine erste Zwischenbilanz gezogen. Dabei wird deutlich, dass man die Karrierechancen für den wissenschaftlichen Nachwuchs und auch das beabsichtigte Zurückholen von Spitzenforscherinnen und -forschern aus dem Ausland durch die Exzellenzinitiative deutlich befördern konnte. Auch gelingt es häufiger, im Wettbewerb mit ausländischen Spitzenhochschulen die eine oder andere Professur gegen starke Konkurrenz zu besetzen oder Personen in Deutschland zu halten, die hochdotierte Angebote von amerikanischen Spitzenuniversitäten bekommen haben. Ganz wichtig scheint mir dabei, dass die seinerzeit in den „Eckpunkten eines zukunftsfähigen deutschen Wissenschaftssystems“ erarbeiteten „Zwölf Empfehlungen“ nicht nur ein Szenario der stärkeren Verbindung von außeruniversitärer Forschung und Hochschulen entworfen haben,8 sondern mittlerweile die beteiligten Akteure es auch tatkräftig umzusetzen beginnen. Damit ergeben sich zugleich ganz neue Möglichkeiten der gemeinsamen Berufungsplanung und der gegenseitigen Beteiligung von Universität und außeruniversitären Instituten an der langfristigen Forschungsplanung für den jeweiligen Standort oder die Region.

Bei all den Leistungsvergleichen ist jedoch nicht zu übersehen, dass eines der Kernprobleme des deutschen Hochschulwesens die Unterfinanzierung bleibt.

Wenn man bedenkt, dass die Systemevaluation von DFG und MPG (in der dieser Aspekt ebenfalls stark betont wurde) erst zehn Jahre zurückliegt, dann heißt das, dass wir sowohl eine erfolgreiche Vertrauensbildung als auch einen neuen Prozess des Zusammenwirkens im Sinne eines klaren Profilierens der jeweiligen Standorte und Regionen erreicht haben, wie wir ihn vor ein paar Jahren noch nicht kannten. Modelle für das Zusammenführen von Helmholtz-Zentren und Universitäten wie im „Karlsruher Institut für Technologie“ (KIT) und der „Jülich Aachen Research Alliance“ (JARA), aber auch die Verknüpfung von gleich fünf Max-Planck-Instituten, einem Leibniz-Institut und einem Teil-institut der Helmholtz-Gemeinschaft mit der Georg-August-Universität im „Göttingen Research Council“ (GRC) erscheinen vielversprechend mit Blick auf eine gesteigerte Attraktivität des deutschen Wissenschaftssystems im globalen Wettbewerb. Es bleibt freilich abzuwarten, inwieweit die damit verbundenen Ansprüche und Hoffnungen tatsächlich eingelöst werden können. Der Streit um Kompetenzen und Einflussfelder scheint jedenfalls noch längst nicht beigelegt.

Die Umsetzung grundlegender Reformschritte in neue Entscheidungsstrukturen und -prozesse sowie vor allem in gelebte Forschungspraxis braucht mehr Zeit, als sie die bisherige Fünfjahresförderung vorsieht. Es war und ist daher unverzichtbar, dass die Exzellenzinitiative 2011/12 fortgesetzt wird. Alles andere würde gerade auch mit Blick darauf, wie wir im Ausland wahrgenommen werden, eine desaströse Wirkung haben. Insbesondere dort würde man sich fragen, was in die Deutschen gefahren ist, wenn sie dieses Vorhaben nach nur vier bis fünf Jahren abbrechen, vor allem angesichts der Tatsache, dass gleich mehrere andere europäische Länder Elemente der deutschen Exzellenzinitiative auf ihre eigene Situation zu übertragen beginnen (vgl. dazu etwa den geplanten Cluster-Wettbewerb in Österreich). Es erscheint mir ganz wichtig, dass die Exzellenzinitiative ein offenes, atmendes System wird und es nicht etwa gesetzte Plätze gibt, wie dies von einigen Universitäten gern gesehen würde. Es wird in der Größenordnung von circa 20% Auf- und Absteiger geben müssen. Dies impliziert zugleich, dass das Gesamtvolumen der nächsten Runde der Exzellenzinitiative zumindest bei 2,7 Milliarden Euro liegen muss, um etwa drei bis vier Zukunftskonzepte und jeweils acht bis zehn Graduiertenschulen und Exzellenzcluster neu in die Förderung aufnehmen zu können. Damit bliebe die Luft nach oben für Newcomer zwar dünn, aber es gäbe reelle Aufstiegschancen für die Besten unter den Verlierern der ersten Runde. Wenn das nicht der Fall wäre, bekämen wir sicherlich  Probleme mit der Glaubwürdigkeit und Fairness eines solchen Wettbewerbs.

V. Chancen und Risiken im Bologna-Prozess

Wer von Hochschulreform redet, der darf von „Bologna“ nicht schweigen. Zugleich wissen wir aber auch: Ein falsch verstandenes Egalitätsprinzip hat allgemeine Mittelmäßigkeit zur Folge. Diejenigen Studierenden, die befähigt und interessiert sind, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen, sollten dazu ermutigt und entsprechend gefördert werden, diejenigen, die nach dem Studium die Hochschule verlassen möchten, um einen auf akademischer Ausbildung fußenden Beruf zu ergreifen, sollten während des Studiums die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt bekommen, um sich in der Berufspraxis bewähren zu können. Hier wird von den Hochschulen gleich in mehrfacher Hinsicht ein Spagat verlangt: zuallererst zwischen einer soliden akademischen Berufsausbildung für eine stetig wachsende Zahl von Studierenden auf der einen und der Exzellenzförderung einer kleineren Gruppe zukünftiger Forscherinnen und Forscher auf der anderen Seite.

Für die Bewältigung dieser doppelten Aufgabe könnten die im Zuge der Bologna-Reform eingeführten neuen Studiengänge theoretisch sehr hilfreich sein. Theoretisch, da ihre praktische Umsetzung an vielen Fakultäten deutscher Universitäten weder dem Geiste noch der Sache nach den Reformbestrebungen des Bologna-
Prozesses entspricht. Damit wurde – zumindest vorerst – die Chance vertan, durch ein zweistufiges Studienmodell und die klare Unterscheidung zwischen professionsorientierten und forschungsbasierten Studiengängen – insbesondere im Masterbereich – der wachsenden Zahl an Studierenden und ihren unterschiedlichen Studieninteressen gerecht zu werden.

Die relational finanziellen Ausstattungsunterschiede zwischen der TU München und dem MIT belaufen sich auf den Faktor 10.

Mit der fast flächendeckenden Einführung von auf drei statt (wie ebenfalls möglich) auf vier Jahre angelegten Bachelor-Studiengängen haben die Fakultäten zudem ihre Studiengänge in ein Korsett gezwängt, das so von Bologna keineswegs vorgegeben war und ist. So ermöglichen die neuen Curricula häufig nicht, jenen weiteren Spagat jeder Hochschulausbildung – und zwar den zwischen der Vermittlung von Überblickskompetenz und der Aneignung von Spezialwissen – elegant zu meistern. Die alten Curricula plagt jedoch die gleiche Schwäche: mit sturem Auswendiglernen und Wissensabfrage per „Multiple Choice“, etwa im Medizinstudium, oder mit privat bezahltem Repetitor zum juristischen Staatsexamen – diese Formen der Wissensaneignung und -vermittlung entsprechen zweifelsohne weder dem Humboldt’schen Bildungsideal noch neuesten Erkenntnissen der in Deutschland bislang sträflich vernachlässigten Lehr- und Lernforschung.

In der zweiten Phase des Bologna-Prozesses besteht meines Erachtens aber durchaus noch die Chance, die nur widerstrebend umgebauten Curricula zu überdenken und neu zu konfigurieren. Studierende sollten dabei von den Hochschulen nicht etwa – wie man es in den letzten Jahren häufig gehört und gelesen hat – als Konsumenten oder Kunden, sondern vielmehr, insbesondere in der Graduiertenausbildung, als Co-Produzenten ihres eigenen Bildungs- und Erkenntnisfortschritts ernstgenommen werden. Auch in den Bachelor-Studiengängen, die in erster Linie der Vermittlung eines breit angelegten Fachwissens dienen, sollten die Studierenden keineswegs nur Rezipienten von Faktenwissen, sondern vor allem als aktiv Beteiligte an ihrem Wissensaufbau gesehen und dazu angehalten werden, sich von Anfang an selbst auf kreative und produktive Weise Wissen anzueignen.9

Aufgrund der katastrophalen Betreuungsrelationen an deutschen Hochschulen (von durchschnittlich 1:66 gegenüber 1:9 an angelsächsischen Spitzenuniversitäten) sind der Umsetzung des Prinzips des „forschenden Lernens“ und des „fragenden Forschens“ in den grundständigen Studiengängen zwar enge Grenzen gesetzt; dennoch sollte dieses – immer noch aktuelle – Prinzip bei der Gestaltung der Curricula viel stärker berücksichtigt und insbesondere gleich zu Beginn, zum Beispiel in Form von Einführungskursen, die Freiraum für eigenes Denken und die Entfaltung schöpferischer Fähigkeiten gewähren, aber auch später in die Graduiertenausbildung, das heißt die stärker auf Spezialisierung zielende Ausbildung von Master- und PhD-Studierenden, Eingang finden. Die begabtesten Studierenden sollten schon früh die Möglichkeit erhalten, am Forschungsprozess intensiv zu partizipieren, und bereits im ersten Studienjahr den Grundstein für ihre weitere wissenschaftliche Ausbildung legen können. In der Graduiertenausbildung lässt sich dann schließlich aufgrund der besseren Betreuungsrelationen auch die von Humboldt postulierte, an deutschen Hochschulen in der Praxis jedoch häufig vernachlässigte Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden in den strukturierten Graduate Schools erfolgreich umsetzen.

Die von Wilhelm von Humboldt (1767–1835) geforderte und angeblich durch den Bologna-Prozess bedrohte Einheit von Forschung und Lehre kann auch in Zeiten gestiegener Lehr- und Prüfungsverpflichtungen aufrechterhalten werden, wenn sie flexibler gestaltet wird als bisher an deutschen Hochschulen üblich; genannt sei nur das Stichwort „Fakultätsdeputat“. Der derzeitige Hochschulreformprozess bringt nicht nur keineswegs zu leugnende Schwierigkeiten und Probleme mit sich, sondern auch die Chance, weiterhin zentrale Aspekte des Humboldt’schen Bildungsideals angepasst an die Anforderungen und Rahmenbedingungen unserer Zeit in den Hochschulen des 21. Jahrhunderts zu realisieren.

Für die einzelne Hochschule impliziert dies, dass sie sich stets aufs Neue der Herausforderung stellen muss, ihre Stärken und Schwächen genau zu analysieren, die Chancen und Risiken ihres Lehr- und Forschungshandelns sorgfältig abzuwägen sowie den eingeschlagenen Weg der jeweiligen Profilbildung (unter anderem im Sinne eines stärker professionsorientierten Lehr- und Studienangebots) mit einer perspektivischen Ressourcenplanung zu verknüpfen. Angesichts der aktuellen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise, aber auch mit Blick auf die langfristige demografische Entwicklung ist dies eine überaus mühevolle, kaum zu lösende Aufgabe. Gerade in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik gilt jedoch in ganz besonderer Weise der Satz von Albert Camus: „Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“ – Der wohl größte Unterschied zur Antike ist freilich, dass heute immer wieder neue Steine am Fuße des Berges auf uns warten.

Das deutsche Wissenschaftssystem steht auch heute wieder vor großen Herausforderungen. Finanzielle Verbesserungen und Strukturreformen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sind überfällig, damit hervorragende Studierende, Nachwuchsforscher, aber auch Professorinnen und Professoren in Deutschland ihre Zukunft sehen, ja, damit Spitzenforschung hierzulande eine Zukunft hat. Dabei gilt es, vor allem die Universitäten zu fördern, um so Wissenschaft und Forschung in Deutschland insgesamt stärker zum Leuchten zu bringen – so dass sie auch international noch weiter ausstrahlen können.

1 Wissenschaftsrat: Perspektiven für Wissenschaft und Forschung auf dem Weg zur deutschen Einheit. Zwölf Empfehlungen, Köln 1990, S. 6.

2 Wissenschaftsrat: Perspektiven für Wissenschaft und Forschung auf dem Weg zur deutschen Einheit. Zwölf Empfehlungen, a.a.O., S. 29

3 Vgl. dazu die Pressemitteilung des Wissenschaftsrates vom 12. Dezember 1990.

4 Vgl. dazu das Sonderheft1/2009 des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH): Ostdeutschlands Transformation seit 1990 im Spiegel wirtschaftlicher und sozialer Indikatoren. Halle 2009, S. 127.

5 Prognos AG: Zukunftsatlas Branchen 2009. Basel, Berlin, Bremen, Brüssel, Düsseldorf, München und Stuttgart 2009, S. 2.

6 Vgl. Wissenschaftsrat: Empfehlungen zu den Perspektiven der Hochschulen in den neunziger Jahren. Köln 1989, S. 66 ff.

7 Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Zusammenarbeit von Großforschungseinrichtungen und Hochschulen. Köln 1991, S. 34.

8 Vgl. Eckpunkte eines zukunftsfähigen deutschen Wissenschaftssystems. Zwölf Empfehlungen. Hannover 2005.

9 Vergleiche dazu W. Krull: Bildung und Wettbewerb. In: A. Schlüter und P. Strohschneider (Eds.): Bildung? Bildung! 26 Thesen zur Bildung als Herausforderung im 21. Jahrhundert. Berlin 2009, S. 194–207.

Wilhelm Krull ist Generalsekretär der VolkswagenStiftung. Er hatte führende Positionen im Wissenschaftsrat und in der Generalverwaltung der Max-Planck-Gesellschaft inne und nimmt zahlreiche Funktionen in nationalen und internationalen Gremien wahr.

Der hier abgedruckte Text basiert auf einem Impulsreferat anlässlich der Tagung zum Thema „Wissenschaft und Wiedervereinigung“ in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften am 25. November 2009.

Quelle: Recherche 1/2010

Online seit: 10. Oktober 2019